Judas

Judas
Vekemans – Hebenstreit – Klein

Der in Wien lebende Schauspieler Sebastian Klein (ausgezeichnet mit dem Dorothea-Neff-Preis 2016) spielt dieses packende Stück mit Charme und Eindringlichkeit. Ein junger Mann, der sich Judas nennt, mischt sich unter uns und liefert eine überraschende Version seiner Lebensfreundschaft zu Jesus von Nazareth. Über beide wissen die Zuschauer und Zuschauerinnen nachher mehr – womöglich auch über sich selbst und ihre eigenen Trugbilder.

Die Inszenierung tourt seit diesem Jahr wieder durch Kirchen in Österreich. Gerade der Kirchenraum entpuppt sich dabei als spannungsgeladener Ort. Zwischen den allgegenwärtigen Aposteln und Heiligen nimmt sich Judas den Platz, der ihm wegen seiner letzten Tat von der Kirchengeschichte verwehrt blieb, in Sichtweite zum Altar, wo das Abendmahl gefeiert wird. Judas sucht den Ort auf, an dem er sich von seinem besten Freund Jesus von Nazareth verabschiedete und aus dem Kreis der Jünger katapultierte.

Sebastian Klein als Judas tritt auf wie ein gewinnender Entertainer, sucht die Nähe des Publikums und lässt dieses tief in seine Seele blicken. Es gelingt ihm, die Fragen, die ihn umtreiben, zu denen seiner Zuhörer zu machen: Hatte er eine Wahl? War er Werkzeug oder Täter? Zählt das, was davor war, nichts?

Die Aufführung, von Bérénice Hebenstreit ursprünglich für das Volkstheater Wien inszeniert, spricht in den Kirchenräumen Gemeindemitglieder ebenso an wie Theaterfans. Begleitet werden die Vorstellungen von Angeboten der Katholischen Bildungswerke der Diözesen Wien, St. Pölten und Eisenstadt zur Vor- und Nachbereitung dieses intensiven Theaterabends. 

Judas

von Lot Vekemans

Weiterspielen-Neuproduktion der Fassung für das Volkstheater Wien


Mit Sebastian Klein


Regie Bérénice Hebenstreit


Aufführungsdauer: ca. 50 Minuten


Aus dem Holländischen übersetzt von Christine Bais und Eva M. Pieper


Aufführungsfotos: Bettina Isabella Zehetner


Aufführungsrechte: Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH, Berlin

www.kiepenheuer-medien.de


Uraufführung am 2. März 2007 in Haarlem, NL

Erste Vorstellung in der Roten Bar im Volkstheater Wien am 4. Feber 2016, danach auch in Kirchen 

2017/18 (6): St.-Johannes-von-Nepomuk-Kapelle Wien (im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen), Mödling-St. Othmar, Hollabrunn-Kirche Gartenstadt, Bildungszentrum Floridsdorf, Sebastiankapelle Klosterneuburg, Bildungszentrum St. Bernhard Wiener Neustadt;

2021/22 (21): Stift Melk, Hippolyt-Haus St. Pölten, Pfarrkirche Kilb, Bildungswerk St. Bernhard Wiener Neustadt, Katherina von Siena in Wien-Favoriten, Gänserndorf, Wolkersdorf, Steinakirchen am Forst, Purgstall, Deutsch Kaltenbrunn, St. Martin an der Raab, Krems-St. Veit, Schwadorf, Mistelbach-Eibesthal, St. Andrä vor dem Hagenthale, Bildungszentrum St. Benedikt Seitenstetten, Oberpullendorf, Pinkafeld, Spitz an der Donau-Wehrkirche St. Michael, Weißenkirchen, Waidhofen an der Ybbs

2022/23 (11): Eschenau, St. Pantaleon-Erla, Sommerein, Augustinussaal des Stiftes Herzogenburg, St. Margarethen,  Altsimmering (Wien), Schiltern bei Langenlois, Podersdorf am See, Baden bei Wien- St. Christoph, Maria Anzbach, Schwallenbach


Mitarbeit an der Originalproduktion (2015/16): Almasa Jerlagic (Kostüme), Andrea Zaiser (Dramaturgie), Clio van Aerde (Raum)


Judas von Lot Vekemans können Sie auch als eBook lesen. Alle Shops, die den Titel vorrätig haben, finden Sie unter www.textbuehne.eu


AUS EINER VORSTELLUNG IN DER ROTEN BAR IM VOLKSTHEATER:

Interview mit der Autorin

Lot Vekemans im Gespräch in der Bibliothek des Grazer Priesterseminars*


Warum haben Sie gerade die Figur des Judas ausgewählt für das Stück?


Das hat zu tun mit einem Monolog, den ich für Ismene, die „Schwester von“ Antigone geschrieben habe. Darin lasse ich jemanden zu Wort kommen, den wir nie hören. Damals, 2006, war viel vom Judas-Evangelium die Rede. Und ich dachte, das ist doch eine gute Figur: Wir haben sehr viele Geschichten über Judas, aber er hat sie nicht selber erzählt. Und ich war auch sehr neugierig, was passierten würde, wenn er anfängt zu reden.


Wie haben Sie sich dem Stoff angenähert?


Ich wollte nie sagen, dass Judas den Verrat nicht begangen hat. Deswegen habe ich mich gefragt: Warum hat er das gemacht? Es war wirklich wichtig für mich, das zu verstehen. Und eigentlich ist das Schreiben des Stücks mein Weg zum Verstehen geworden. Dann bin ich in Holland dem Pastor Bert Albers begegnet, der eine Habilitation geschrieben hatte, wie sich das Bild von Judas während 2000 Jahren verändert hat: so ein dickes Buch, mit so vielen Quellen. Hinzu kam, dass ich gerade umgezogen war aufs Land, wo ich mit meiner Partnerin ein kleines Hotel eröffnet hatte. Und dort gibt es eine ehemalige Kapelle von einem früheren Bewohner. Das Kreuz war zwar nicht mehr da, aber man konnte noch immer seinen Schatten sehen. Das war eine so emotionale, auch schwere Begegnung ... Ich finde es immer noch schwierig, einen toten Mann anzuschauen, und obwohl das Kreuz nicht mehr da war, war es doch dort – und für Judas hat das Kreuz mit seiner Tat zu tun. Dort habe ich das Stück geschrieben.


1975 hat Walter Jens „Der Fall Judas“ geschrieben, eine sehr theologische Auseinandersetzung mit diesem Fall Judas. Reagiert Ihr Theaterstück auf Walter Jens?


Nein. Ich habe versucht, die Geschichte zurückzubringen zu dem Menschen Judas. Als einer der Zwölf war er zwar nicht so normal, aber er war ein Mensch, und gleichzeitig ist seine Geschichte die der Freundschaft zwischen zwei Männern. Gibt es vielleicht einen emotionalen Grund, warum das passiert ist? Am Ende habe ich so einen Grund gefunden. Das war wichtig, weil ich glaube nicht, dass es seine Absicht war, dass Jesus getötet würde.


Was kann uns die Geschichte von Judas heute erzählen?


Es scheint, als ob wir etwas „brauchen“, um die Welt einzuteilen: Hier sind die Menschen, dort die „Unmenschen“. Für diese haben wir viele Wörter: Schweine, Ziegen, Ratten …, eben alles, was kein Mensch ist. Dieses Entmenschlichen ist etwas, was wir jetzt wieder machen: Wir ziehen in Europa jeden Tag die Barriere zwischen den Menschen und den Unmenschen. Und das ist eigentlich das, was Judas am Ende versucht: wieder vom Unmenschen zum Menschen zu werden.


Nach einer Vorstellung hat eine Ordensfrau gesagt: „Ich hätte nie gedacht, dass mir der Judas einmal so sympathisch sein könnte.“ Ist das für Sie eine erwartbare oder auch erwünschte Reaktion?


Das ist eine wunderbare Reaktion! Wenn wir etwas aufbrechen können, dann kommen wir weiter. Wenn wir diesen Prozess verstehen und mehr in uns gehen und uns fragen, was ist eigentlich meine Verantwortung für das, was in der Welt passiert, dann hat sich für mich eine wichtige Botschaft des Stückes erfüllt. Und wenn jemand das so empfindet, dann denke ich: toll! Denn ich finde Judas auch sympathisch, wirklich!


*Die Fragen stellten Gertraud Schaller-Pressler, Alois Kölbl und Karla Mäder (2018)


Pressestimmen

Der Monolog Judas der nierderländischen Autorin Lot Vekemans ist das ideale Stück zur Aufführungen in Kirchen.  ... Eingerichtet von Bérénice Hebenstreit ("Superheldinnen") fängt Klein als gewinnender Etnertainer mit ein paar harmlos blasphemiscen Witzen an und schreit sich wenig später die große Ungerechtigkeit vom Leib. Ein 45 Minuten kurzer, starker Schauspielermoment. 

 Martin Thomas Pesl, Falter


Die niederländische Autorin Lot Vekemans versucht dies in ihrem neuesten Stück "Judas" mit ungewohnten Sichtweisen auf die mythische Figur. Mehr noch: Sie verleiht Judas erstmals eine eigene Stimme, gibt ihm selbst die Möglichkeit, sich, seine Motive und Ziele darzulegen. Ein spannender Versuch, Judas zum Helden zu machen. In einer, wie die Autorin sagt, von ihm "selbst inszenierten Show begeht er einen letzten Versuch, seine Tat wieder auf ein menschliches Maß zurückzubringen".

Barbara Reitter-Welter, Die Welt

Kurzbiografien

Lot Vekemans wurde 1965 geboren. Sie studierte Soziale Geografie an der Universität in Utrecht und besuchte die Writerscholl t Colofon in Amsterdam. Seit 1995 schreibt sie Theaterstücke für die sie zahlreiche Preise erhielt, 2005 den Van Der Vies Preis für Truckstop und Schwester von, 2010 den Taalunie Toneelschrijftprijs für Gift und 2016 den Ludwig-Mühlheims-Theaterpreis für religiöse Dramatik. Lot Vekemans lebt in Nieuw Balinge, Niederlande.


Sebastian Klein wurde 1984 geboren und ist in Würzburg aufgewachsen. Schauspielstudium an der Theaterakademie Hamburg, währenddessen erste Rollen an verschiedenen Hamburger Theatern. 2012 bis 2015 war er Ensemblemitglied am Schauspielhaus Graz, 2015 bis 2019 am Volkstheater Wien. 2016 wurde er mit dem Dorothea-Neff-Preis für die beste schauspielerische Nachwuchsleistung ausgezeichnet. Seit der Saison 2019/20 arbeitet er freischaffend, etwa als Gast am Volkstheater.


Bérénice Hebenstreit wurde 1987 in Wien geboren und wuchs in Gutenstein, Niederösterreich, auf. Sie studierte Theater-, Film-, und Medienwissenschaft an der Universität Wien sowie an der Concordia University in Montréal. Sie ist als freie Regisseurin am Volkstheater Wien, Landestheater Linz und Vorarlberger Landestheater tätig. 2020 gewann sie mit ihrer Inszenierung Urfaust/FaustIn and out von J. W. Goethe und Elfriede Jelinek den Nestroy in der Kategorie „Bester Nachwuchs“. Neben ihrer Theaterarbeit ist Bérénice Hebenstreit freie Autorin beim Onlinenachrichtenportal mosaik-blog.at und Aktivistin bei Attac.



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